Identität

Theater HORA aus Zürich ist eine der bekanntesten freien Theater-, Tanz- und Performance-Gruppen der Schweiz. Sie kollaboriert regelmässig mit wichtigen Künstler*innen und Kollektiven aus dem In- und Ausland und bespielt die lokalen, überregionalen und internationalen Orte der Theaterszene. Gleichzeitig ist Theater HORA seit 2003 auch eine (Kultur-) Werkstatt für Menschen mit Lernschwierigkeiten. Als solche ist sie Teil der Stiftung Züriwerk, die sich für Menschen mit mehrheitlich kognitiver Beeinträchtigung engagiert. Neben den beiden Theater-Abteilung «HORA-Labor» und «HORA-Produktion» gibt es seit 2005 noch ein weiteres, eigenständiges künstlerisches Projekt: die HORA’BAND. Sie funktioniert unabhängig vom Ensemble und bespielt Konzert-Bühnen und Musik-Festivals. Für seine Arbeit erhielt Theater HORA mehrere wichtige Theaterpreise und Auszeichnungen.

 

Theater HORA im Detail

Theater HORA aus Zürich  wurde 1993 durch den Regisseur und Theaterpädagogen Michael Elber gegründet. Spätestens seit Beginn der 2010er Jahre zählt die Gruppe zu einer der bekanntesten freien Theater-, Tanz- und Performance-Gruppen der Schweiz (zur Geschichte von Theater HORA geht es hier). Im Zentrum seiner Arbeit steht das HORA-Ensemble, in dem ausschliesslich Schauspieler*innen mit IV-zertifizierter kognitiver Beeinträchtigung arbeiten. Seine Produktionen zeigt Theater HORA an lokalen, überregionalen und internationalen Theaterhäusern und Festivals.

Kollaborationen als Grundprizip

Fast genauso zentral wie sein Ensemble ist für Theater HORA die systematische Zusammenarbeit mit externen Künstler*innen, Kollektiven und Theatern aus dem In- und Ausland.

Künstlerische Partner*innen von Theater HORA in den vergangenen Jahren waren Simone Aughterlony, Back to Back Theatre, Jérôme Bel, Cie Drift, Katharina Cromme, Leonie Graf, Hauen & Stechen, Phil Hayes, Das Helmi, Infinite Cooperation, Nele Jahnke, Kraut Produktion, die Münchner Kammerspiele, Milo Rau, Rimini Protokoll, Theater Neumarkt, Teresa Vittucci, vorschlag: hammer, das Zürcher Schauspielhaus u.a.

In seiner Heimat Zürich kollaboriert Theater HORA mit fast allen wichtigen Produktionsstätten der Stadt (Fabriktheater Rote Fabrik, Schauspielhaus, Tanzhaus, Theaterhaus Gessnerallee, Theater Neumarkt, Zürcher Theaterspektakel), international u.a. mit den Berliner Sophiensaelen, den Münchener Kammerspielen oder den Salzburger Festspielen. Mit den Münchner Kammerspielen verbindet Theater HORA seit der Spielzeit 2020/21 zudem eine Kooperation, die zum Ziel hat, mittels gemeinsamer Produktionen und dem Austausch von Erfahrungswerten, eine strukturell und inhaltlich inklusivere Stadttheaterpraxis zu erarbeiten und zu etablieren.

Autonomie verleiht Flügel

Seit seiner Gründung 1993 hat Theater HORA immer wieder massgeblich dazu beigetragen, die oftmals defizitorientierte, öffentliche Wahrnehmung von Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung zu verändern und auf ihre mitunter aussergewöhnlichen Fähigkeiten aufmerksam zu machen.

Ein wesentliches Charakteristikum der Gruppe ist die selbstbewusst eigenwillige, oft unkonventionelle und ausserordentlich frei wirkende Bühnen-Intelligenz und -Präsenz seiner Schauspieler*Innen. Die Förderung der Selbstbestimmtheit seiner Ensemblemitglieder als Menschen und Künstler*innen ist denn auch das Herzstück der HORA-Philosophie.

Theater HORA betrachtet seine Schauspieler*innen als unverzichtbare, einzigartige und künstlerisch ebenbürtige Mitarbeitende voll innewohnender Möglichkeiten. Nicht ihre künstlerische «Neutralisierung» oder Anpassung an die Normen und Konventionen des allgemeinen Theaterbetriebs sind der Weg zur Inklusion und zur professionellen Anerkennung, sondern die Wahrnehmung, Wertschätzung und Förderung ihrer künstlerischen und menschlichen Einzigartigkeit. Theater HORA ist davon überzeugt, dass allein die Förderung der grösstmöglichen Autonomie der Weg sein kann, zu künstlerisch interessanten Resultaten zu gelangen und so die reguläre Theaterlandschaft nachhaltig zu bereichern und zu verändern.

Organisationsstruktur und Leitung

Seit 2003 ist Theater HORA Teil der Stiftung Züriwerk, die sich für die soziale und wirtschaftliche Teilhabe von Menschen mit vorwiegend kognitiver Beeinträchtigung im Kanton Zürich engagiert. Gesamtleiter von Theater HORA ist Curdin Casutt (seit 2018). Die Künstlerische Leitung liegt bei Yanna Rüger und Stephan Stock (seit 2020), die Laborleitung bei Amadea Schütz (seit 2020) und Oliver Roth (seit 2022).

Theater HORA gliedert sich in zwei Abteilungen: die Abteilung «Produktion» und die Abteilung «HORA-Labor».

Mit der Abteilung Produktion ist derjenige Bereich von Theater HORA gemeint, der Theaterproduktionen konzipiert und erarbeitet, diese auf Gastspielen im In- und Ausland zeigt, spannende künstlerischen Partner*innen sucht oder Schauspieler*innen an externe Produktionen vermittelt.

Beim HORA-Labor handelt es sich um den ganzjährig betriebenen Grundbetrieb von Theater HORA – im Sinne einer Trainings-, Recherche- und Ideationsplattform für das gesamte HORA-Ensemble. Das HORA-Labor hat ein eigenes künstlerisches Programm. Ensemblemitglieder, die nicht gerade in Produktionen oder Gastspielen involviert sind, bilden sich im HORA-Labor in unterschiedlichen Kunstformen interdisziplinär weiter. Auch das Labor arbeitet mit wechselnden Gastkünstler*innen aus dem In- und Ausland. In ein- oder mehrwöchigen Workshops treten sie mit den HORA-Schauspieler*innen in einen künstlerischen Austausch.

Neben den beiden Theater-Abteilung gibt es seit 2005 noch ein weiteres, eigenständiges künstlerisches Projekt: die HORA’BAND. Sie funktioniert unabhängig vom Ensemble und bespielt Konzert-Bühnen und Musik-Festivals.

Theater HORA ist heute ein Betrieb mit insgesamt 33 festen Mitarbeitenden in Voll- und Teilzeit. Davon besitzen 22 eine IV-Berechtigung, 11 keine.

Die 18 Schauspieler*innen des Theaterensembles arbeiten in Vollzeit, die 5 Musiker*innen der HORA’BAND in Teilzeit. Die übrigen 10 Mitarbeitenden sind in Voll- oder Teilzeit zuständig für die betrieblichen, künstlerischen und agogischen Belange des Betriebs. Weitere Kulturschaffende werden je nach Bedarf für die jeweiligen Produktionen oder das HORA-Labor hinzuengagiert.

Preise und Auszeichnungen

Mit Jérôme Bels Produktion DISABLED THEATER wurde Theater HORA 2012 als eine der zehn besten Inszenierungen zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Hier erhielt die HORA-Darstellerin Julia Häusermann (heute: Frank Häusermann) den «Alfred-Kerr-Darstellerpreis für die herausragende Leistung einer jungen Schauspielerin» als erster Mensch mit kognitiver Beeinträchtigung, dem 2014 die Nomination für den New Yorker «Bessie Award» folgte. Das war auch ein bahnbrechendes Zeichen für die Inklusionen von Künstler*innen mit Beeinträchtigung. 2016 erhielt Theater HORA vom Bundesamt für Kultur die höchste Theaterauszeichnung der Schweiz, den «Schweizer Grand Prix Theater/Hans-Reinhart-Ring». 2024 wurde Theater HORA bereits zum zweiten Mal als eine der zehn besten deutschsprachigen Inszenierungen mit der Co-Produktion «Riesenhaft in Mittelerde» zum Berliner Theatertreffen eingeladen.

Lesestoff zu Theater HORA

Über die Arbeit von Theater HORA sind mehrere Publikationen erschienen. Hier eine Auswahl:

2002 «Ich will Millonrein werden. 10 fantastische Jahre Theater HORA», erschienen bei der Quer-Werbefabrik

2014 «Theater HORA – Der einzige Unterschied zwischen uns und Salvador Dalí ist, dass wir nicht Dalí sind», erschienen im Verlag Theater der Zeit

2015 «DISABLED THEATER», ein englischsprachiger, wissenschaftlicher Sammelband, erschienen im Verlagdiaphanes

2017 «Theater HORA», ein deutsch-, französisch- und italienischsprachiger wissenschaftlicher Sammelband in der Reihe «MIMOS – Schweizer Theater-Jahrbuch», erschienen im Peter-Lang-Verlag

2022 «Switzerland/HORA», ein englisch- und deutschsprachiger Artikel im vierten, mehrsprachigen, wissenschaftlichen Sammelband «Gemeinsam/Together» in der Reihe «Images of disabilty. Literature, Scenic, Visual and Virtual Arts», erschienen im Peter-Lang-Verlag

2023 «Theater HORA – Ja langsamer, desto schneller» in der Reihe «Postdramatisches Theater in Einzelporträts», erschienen im Berliner Alexander Verlag

Zudem produziert Theater HORA zweimal jährlich das kostenlos zugestellte HORA-Magazin, das hier bestellt werden kann.